Ein Prosit auf die Gastfreundschaft

Ein Prosit auf die Gastfreundschaft

SERIE Die Hinterländer Mountainbiker auf Spurensuche in den USA – Teil 9

Die Familie Schaefer

Donnerstag, 18. September, Albany. Zu Besuch bei Bill Schaefer „Souvenirs, Dosenbier und weitere Geschenke“ – so lautete die Überschrift eines Artikels, der am 29. Juli 1968 in der Wetzlarer Neuen Zeitung erschien. Dieses Dokument und weitere, die wir in Wetzlar im Historischen Archiv fanden, machten uns sehr neugierig auf die Geschichte von Maximilian Schäfer, der 1838 auszog, um in Amerika sein Glück zu suchen.

Lange sah es so aus, als käme keine Erfolg versprechende Recherche im Land der unbegrenzten Möglichkeiten zustande. Unsere zahlreichen Mails an die Pabst Brauerei, die mittlerweile Schaefer Bier in Lizenz braut, blieben allesamt unbeantwortet. Dass das aber in den USA nicht unüblich ist, haben wir mittlerweile gelernt. Wenn kein großes Interesse besteht, antwortet man halt nicht. Für uns, zumindest im geschäftlichen Leben, undenkbar.

Schaefer Beer (Foto: privat)

Auch der dankenswerte Einsatz des Konsulats in Los Angeles, dem Sitz des Pabst Headquaters, blieb erfolglos. Dabei interessierte uns doch brennend, was mit der Tür aus dem Elternhaus Maximilian Schäfers, welches heute noch nahezu unverändert am Kornmarkt in Wetzlar steht, geschehen ist.

Die Tür wurde 1966 von Wetzlar in die USA verschifft. Und: Was ist mit dem Originaltagebuchbericht von Maximilian Schaefer’s Überfahrt nach New York geschehen? Existiert der noch? Unter „Max’s Diary“ ist uns die englische Übersetzung bekannt. Unser Interesse galt aber dem Original von 1838, geschrieben in Sütterlin. Das alles waren Dinge, die wir vor Ort recherchieren wollten.

Über Henry Becker kam schließlich ein Kontakt mit Bill Combs zustande, ein Neffe Bill Schaefers, des letzten Besitzers der Brauerei. Und siehe: Bill Schaefer und seine Familie hatten genau so viel Interesse an einem Treffen wie wir.

Wir fuhren nach Albany, der Hauptstadt des Bundesstaates New York, etwa 120 Meilen nördlich von New York City gelegen. Mit dem Rad war das für uns terminlich leider nicht zu bewältigen, also musste kurzfristig am Flughafen ein Van gemietet werden, der uns aber auch später noch sehr nützlich sein sollte.

Leicht verspätet kamen wir um 11.15 Uhr in Albany beim verabredeten Museum an. Wir staunten nicht schlecht anlässlich des Empfangs, den man uns bereitete. Ein Großteil der Familie Schaefer war anwesend: Bill Schaefer nebst Gattin und Bill Schaefer jun. mit Frau und Kindern. Nach außerordentlich freundlichem Empfang führte uns die Museumsdirektorin – als hätte sie es geahnt – direkt zu dem Objekt unserer Begierde, der Tür aus dem Elternhaus Max Schaefers.

Die Familie Schaefer hält ihre deutsche Vergangenheit in Ehren

Nachdem diese bei den Schaefers in verschieden Häusern einige Jahre zugebracht hatte, hat sie nun ein würdiges Zuhause in einem Raum des Museums gefunden, indem die ganze Geschichte der Brauerei erzählt wird. Einer Geschichte, die 1842 mit der Übernahme einer kleinen Brauerei in New York begann und 1989 mit dem Verkauf des Imperiums an die Pabst Brauerei endete. 1968 war die Brauerei Arbeitsplatz von 4000 Menschen.

Neugierig wollten die Schaefers wissen, wie wir auf ihre Geschichte gestoßen sind und warum das so interessant für uns ist. Schnell wussten alle über China, Brasilien, Namibia und Japan Bescheid. Selbstverständlich blieb auch unser Guinnessbuchrekord nicht unerwähnt. Anschließend ging es zum Lunch in den ältesten Mensclub Amerikas.

Wir gehen mal stark davon aus, dass noch nicht viele diesen ehrenwerten Club in Shorts betreten haben. Das ist normalerweise ein absolutes „No-Go“. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass wir uns gepäcktechnisch auf das Minimum beschränken mussten, so unsere Entschuldigung, machte man eine Ausnahme. Nicht im Entferntesten hatten wir daran gedacht, dass man uns solch einen Empfang bereiten würde, sonst hätten wir zumindest die Wahl der Beinkleider nochmal überdacht.

Sei’s drum, an der festlich gedeckten Tafel mit Namensschildern wusste Bill Schaefer einiges über seine Vorfahren zu berichten. Zum Beispiel versendete sein Vater jedes Jahr zu Weihnachten etwa 3500 Postkarten mit dem Motiv des Geburtshauses im Winter. Da er Wert darauf legte, die Karten persönlich zu schreiben, musste er damit im Juli bereits beginnen.

Es war mehr als deutlich zu spüren, wie sehr sich diese Familie ihrer deutschen Vergangenheit bewusst ist und sie in Ehren hält. Nach dem Lunch hält Bill Schaefer beispielsweise plötzlich ein Wappen der Stadt Wetzlar in den Händen. Solche Geschichtsverbundenheit haben wir bei anderen Begegnungen nicht immer so positiv erlebt. Die Glaskrüge mit dem Motiv der Brauerei, aus dem wir uns das Schaefer Beer haben schmecken lassen, bekamen wir geschenkt, dazu eine Ahnentafel und die Geschichte der Brauerei in Form eines Jubiläumsbuches. So viel Gastfreundschaft hatten wir nur eine Ausgabe unseres Buches „Geschichte erfahren“ entgegenzusetzen. Das verlockende Angebot, über Nacht zu bleiben, mussten wir leider ablehnen.

Hier endet unser Amerika-Abenteuer und die Arbeit am Schreibtisch gewinnt wieder die Oberhand. Zahlreiche Presseberichte, zwei Reportagen für Reise- und Fahrradmagazine, aber auch unsere Projektbroschüre wollen geschrieben werden. Für unsere obligatorische und multimediale Präsentation, die bei freiem Eintritt im Bürgerhaus in Steffenberg-Oberhörlen am 2. Januar um 19 Uhr beginnt, gilt es zusätzlich aus den fast 1000 Bilder die schönsten herauszusuchen und aus den besten Filmsequenzen einen Kurzfilm (später auch auf Youtube) zu produzieren. Aber einhellig sind wir der Meinung: Trotz der vielen Arbeit – es hat sich gelohnt.

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