Ingenieurskunst am Goldenen Tor

Ingenieurskunst am Goldenen Tor

SERIE Die Hinterländer Mountainbiker auf Spurensuche in den USA – Teil 5

Sonntag, 14. September. Seitdem wir global unterwegs sind, stellen die Projekte auch logistisch eine immer größere Herausforderung an uns. Reichte in Namibia noch ein Van und in Japan der Shinkansen (Hochgeschwindigkeitszug), so mussten wir uns in den USA etwas anderes einfallen lassen, um die teilweise notwendigen Transfers von bis zu 5000 Kilometern zu meistern. Leider haben wir im Gegensatz zu unseren neuen Freunden Joe Breeze und Otis Guy, mit denen wir noch am Vortag gemeinsam auf den Bikes unterwegs waren, nicht die Zeit, das mit unseren Rädern zu meistern. Beide hatten es zweimal – zuletzt vor mehr als 30 Jahren – mit ihrem Tandem versucht, den damals gültigen Bike-Rekord von San Francisco nach New York zu brechen.

Durch die Speichen geschaut: …

Es ist 4 Uhr morgens, als sich Joe Breeze und Otis Guy am 12. Juni 1979 von der Golden Gate Bridge in San Francisco auf den Weg machen. Sie wollen den Rekord für die Durchquerung der USA auf einem Fahrrad unterbieten. Dieser liegt bei 13 Tagen, einer Stunde und 40 Minuten und wurde 1978 von John Marino aufgestellt. Das kühne Ziel lautet, die Strecke in weniger als zwölf Tagen zu bewältigen. Drei Jahre zuvor mussten sie bei ihrem ersten Versuch nach sechs Tagen aufgrund von Knieproblemen von Joe aufgeben. Diesmal wählen sie eine Strecke mit einer Distanz von etwas mehr als 4800 Kilometern, was einen Schnitt von 417 Kilometern und 15 Stunden pro Tag im Sattel bedeutet. Dort, wo ein Fahren nicht möglich ist, muss das Tandem getragen werden. Otis steuert, Joe sitzt hinter ihm. Am ersten Tag erreichen sie in guter Verfassung – nach 419 Kilometern und einer Höchstgeschwindigkeit von 104 Stundenkilometern – Reno.

Am zweiten Tag schaffen sie 475 Kilometer, nach weiteren 369 Kilometern sind sie in Salt Lake City. Sie liegen gut im Plan, aber wie schon drei Jahre zuvor schmerzt Joes Knie wieder. Im Krankenhaus macht man ihm deutlich, dass ein Weiterfahren nicht möglich sei, ohne das Knie dauerhaft zu schädigen. Und so nimmt auch der zweite Versuch ein jähes Ende.

Die Brücke über die Bucht von San Francisco – ein Muss für Radfahrer

Um uns dies zu ersparen, wählen wir den Nachtflug nach New York, zumal wir auch nur zehn Tage für unser Projekt in den USA haben. Bevor wir unsere Bikes in den B&W Bags sicher verstauen, wollen wir noch der Golden Gate Bridge und Sausalito einen Besuch abstatten. Ein Muss für Radfahrer, aber die Fahrt über das Wahrzeichen San Franciscos ist an einem Sonntag und noch dazu um die Mittagszeit für „normale“ Radfahrer nicht ganz ungefährlich. Hunderte Biker sind auf einer Spur in beiden Richtungen unterwegs und nehmen mehr oder weniger Rücksicht aufeinander.

Immerhin werden wir mit Heldenwetter belohnt und genießen die Fahrt über die Brücke in beide Richtungen. Direkt im Anschluss besuchen wir nach einer guten Meile auf vorbildlichen Radwegen den beschaulichen Hafenvorort Sausalito. Inmitten vieler Biker aller Couleur, speziellen Parkplätzen und Kneipen für Biker und auf hervorragenden Fahrradspuren entlang der Küste fühlen wir uns pudelwohl, bis gegen 17 Uhr der Flugplan ruft.

Übrigens hat auch beim Bau der Golden Gate Bridge deutsche Ingenieurskunst ihre Spuren hinterlassen. Die Firma Roebling war der Lieferant der innovativen Tragseile, die diese kühne Konstruktion erst ermöglichten.

– Lesen Sie morgen, warum die Hinterländer Mountainbiker mit der Freiheitsstatue verwandt sind und es neidische Blicke für die deutschen „Nachfahren“ aus der Warteschlange gibt.

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